Heinz Ehlers (59) gilt als bester defensiver Hexenmeister der letzten Jahre. Er hat mit Langenthal den Titel geholt, ist mit Biel in die National League aufgestiegen und 2019 erreichte er mit Langnau auf Rang 6 die Playoffs. Zurzeit ist er, ein wenig altersmilde geworden, mit Visp in der Swiss League auf Titelkurs.
Thierry Paterlini (49) hat mit Langnau im Sommer 2022 ein Team übernommen, das in der vorangegangenen Saison sage und schreibe 205 Tore kassiert hatte.
In der soeben abgelaufenen Qualifikation haben die Langnauer als zweitbestes Defensivteam gerade noch 126 Gegentreffer zugelassen. Nur die ZSC Lions (121) waren noch stabiler. Vom zweitmiserabelsten zum defensiv zweitbesten Team in drei Jahren. Langnaus Boxplay war diese Saison sogar das beste der Liga. Nicht einmal Heinz Ehlers hätte es besser machen können.
Langnaus defensive Steigerung ist nicht mit Geld erkauft worden. Sie ist das Resultat der beharrlichen, geduldigen Arbeit der Trainer: Neben Chefcoach Thierry Paterlini kann der defensive Einfluss von Assistent Steve Hirschi – einst eine Verteidiger-Legende in Lugano – nicht hoch genug bewertet werden. In der Qualifikation hatte Langnau alle vier Spiele gegen Kloten verloren. Drei mit Luca Boltshauser, eines mit Stéphane Charlin im Tor.
In den Play-Ins gelingt im Hinspiel der erste Sieg (3:1) in dieser Saison. Im Rückspiel fällt die Niederlage so knapp aus, dass es für die Playoffs reicht. Kloten dominierte mit 41:17 Torschüssen und gewann mit 2:1 zu knapp. Die Dominanz täuscht darüber hinweg, dass beide Teams nahezu gleich viele gute Abschlussmöglichkeiten hatten. Wenn es stimmt, dass sich die Persönlichkeit des Trainers ein wenig auf die Spielweise der Mannschaft überträgt, dann liefern die Langnauer dazu ein eindrückliches Beispiel.
Thierry Paterlini lehrt nicht nur eine ähnliche Taktik. Auch sein Wesen und Wirken als Bandengeneral mahnt an Heinz Ehlers. Er ist so etwas wie eine etwas umgänglichere Variante des Dänen: Noch weniger Emotionen während und nach dem Spiel. Mit Selbstironie, aber nicht ganz so sarkastisch. Zurückhaltend im Lob, moderat in der Kritik. Kein Selbstdarsteller. Und keine Ausreden. Anfänglich war die Frage, ob sich ein Zürcher im Emmental durchsetzen könnte. In Langnau ist Paterlini inzwischen mit ruhiger, bestimmter und bescheidener Wesensart zur «Antithese» eines vorlauten Zürchers geworden.
Eishockey ist ein unberechenbares, emotionales Spiel. Es ist schwieriger, die Emotionen zu kontrollieren, als sie anzuheizen. Grosse Coaches kontrollieren die Emotionen an der Bande und als Diplomaten: Sie vermeiden Polemik in den Medien durch unbedachte Worte. Unter Paterlini ist es bei den SCL Tigers, einem Unternehmen mit unruhiger DNA, auch in den raren kritischen Phasen ruhig geblieben.
Tobende Trainer sind in der Regel keine guten Defensivlehrer. Als Thierry Paterlini einmal gefragt worden ist, ob er auch toben könne, hat er gesagt, es komme auf die Worte an. Nicht auf die Lautstärke. Charisma und Autorität ohne Theatralik.
Gutes Defensivspiel ist nur mit viel Disziplin möglich. Sonst lässt sich die taktische Ordnung nicht aufrechterhalten. Wer diszipliniert spielt, kassiert weniger Strafen. Die SCL Tigers waren in der Qualifikation das Team mit den wenigsten Strafminuten.
Ein «Nebenprodukt» der Playoff-Qualifikation: Die Langnauer haben nun definitiv die Gewissheit und Bestätigung, dass es auch ohne Stéphane Charlin, den besten Torhüter der Liga, geht. Sie haben mit Luca Boltshauser nicht nur die Play-Ins erreicht. Sie haben sich mit ihm nun auch für die Playoffs qualifiziert. Dass er vom vermeintlichen «Lottergoalie» wieder zu einer stabilen Nummer 1 geworden ist, hängt mit der soliden Defensiv-Organisation zusammen.
Je mehr einheimische Trainer und Sportchefs, desto stärker eine Hockeykultur. Thierry Paterlini steht für die neue Generation unserer Profispieler, die nach dem Rücktritt als Spieler im Hockey-Business bleiben. Als Verbands- oder Klubtrainer. Und sich durchsetzen: Patrick Fischer hat zweimal als Nationaltrainer den WM-Final erreicht. Jan Cadieux gewann mit Servette Meisterschaft und Champions League, Luca Cereda mit Ambri den Spengler Cup und soeben Marco Bayer mit den ZSC Lions die Champions League. In den beiden ersten Play-In-Serien haben Paterlini und Cereda zwei skandinavische Bandengeneräle ausgecoacht. Dabei sind doch Finnen und Schweden in ihrem Selbstverständnis die Gralshüter der Hockey-Taktik.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Heinz Ehlers hat nie die Chance bekommen, in der höchsten Liga ein grosses Team, einen Titelkandidaten zu coachen. Er musste mit Underdogs taktische Mittel und Wege finden, um gegen die Titanen zu bestehen. So ist er halt als einer der grössten Defensiv-Künstler seit Einführung der Playoffs (1986) berühmt geworden.
Thierry Paterlini hat in Langnau einen Vertrag bis 2027. Mit einer Ausstiegsklausel für den Posten eines Nationaltrainers. Dereinst Nachfolger von Patrick Fischer? Warum nicht? Noch interessanter wäre es, Thierry Paterlini an der Bande eines Titanen zu sehen. Beispielsweise in Zürich, in Davos, Genf oder in Bern oder gar in Lugano. Dann hätte er die Chance, noch berühmter zu werden als Heinz Ehlers.